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Verhinderungspflege bei 24-Stunden-Betreuung: So sichern Sie sich die Leistung

  • Autorenbild: CURADOMI
    CURADOMI
  • 21. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit

Die Pflege eines Angehörigen ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die oft an die Grenzen der Belastbarkeit führt. Umso wichtiger sind Entlastungsleistungen wie die Verhinderungspflege, die es pflegenden Angehörigen ermöglichen, eine Auszeit zu nehmen. Doch was passiert, wenn bereits eine 24-Stunden-Betreuungskraft vor Ort ist? Viele Familien stehen vor der Herausforderung, dass die Pflegekasse den Antrag auf Verhinderungspflege ablehnt. In diesem Artikel beleuchten wir die rechtlichen Grundlagen, die häufigsten Probleme und zeigen Ihnen, wie Sie die Verhinderungspflege dennoch erfolgreich beantragen können.

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Was ist Verhinderungspflege und wer hat Anspruch?

Die Verhinderungspflege, auch Ersatzpflege genannt, ist eine Leistung der Pflegeversicherung, die in § 39 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelt ist [1]. Sie dient dazu, die Versorgung eines Pflegebedürftigen sicherzustellen, wenn die private Pflegeperson – in der Regel ein Familienangehöriger – vorübergehend an der Pflege gehindert ist. Die Gründe hierfür können vielfältig sein, von einem wohlverdienten Urlaub über eine eigene Erkrankung bis hin zu anderen wichtigen Terminen.

Voraussetzungen für den Anspruch

Um Verhinderungspflege in Anspruch nehmen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

•Pflegegrad: Der Pflegebedürftige muss mindestens in den Pflegegrad 2 eingestuft sein.

•Häusliche Pflege: Die Pflege muss in der häuslichen Umgebung stattfinden.

•Private Pflegeperson: Es muss eine private Pflegeperson bei der Pflegekasse eingetragen sein, die die Pflege normalerweise durchführt.

•Vorpfegezeit: Die Pflegeperson muss den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Inanspruchnahme der Verhinderungspflege mindestens sechs Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt haben. Wichtige Neuerung: Diese Vorpflegezeit entfällt ab dem 1. Juli 2025 [2].

Leistungsumfang und Neuerungen ab 2025

Die Pflegekasse übernimmt die nachgewiesenen Kosten für die Ersatzpflege für bis zu sechs Wochen (42 Tage) pro Kalenderjahr. Der Leistungsbetrag beläuft sich auf bis zu 1.685 Euro pro Jahr. Zusätzlich können bis zu 843 Euro (50 % des Leistungsbetrags für die Kurzzeitpflege) für die Verhinderungspflege verwendet werden, sodass insgesamt bis zu 2.528 Euro zur Verfügung stehen [1].

Mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) treten zum 1. Juli 2025 weitreichende Änderungen in Kraft, die die Verhinderungspflege deutlich flexibler und einfacher zugänglich machen [2]:

•Gemeinsamer Jahresbetrag: Die Leistungen für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege werden zu einem gemeinsamen Jahresbetrag von 3.539 Euro zusammengefasst.

•Verlängerter Anspruchszeitraum: Der Anspruch auf Verhinderungspflege wird von sechs auf acht Wochen pro Kalenderjahr erweitert.

•Wegfall der Vorpflegezeit: Die sechsmonatige Vorpflegezeit entfällt, sodass der Anspruch auf Verhinderungspflege unmittelbar ab Zuerkennung des Pflegegrads 2 besteht.

Wichtig: Diese Änderungen erleichtern die Inanspruchnahme der Verhinderungspflege erheblich und bieten mehr Flexibilität bei der Organisation der Pflege.

Das Kernproblem: Verhinderungspflege bei 24-Stunden-Betreuung

Trotz der gesetzlichen Ansprüche auf Verhinderungspflege stoßen viele Familien, die eine 24-Stunden-Betreuungskraft – oft aus Osteuropa – beschäftigen, auf erhebliche Schwierigkeiten bei der Beantragung. Die Pflegekassen lehnen Anträge häufig mit der Begründung ab, dass bereits eine Betreuung rund um die Uhr gewährleistet sei. Doch woran liegt das und wie lässt sich diese Hürde überwinden?

Die fehlende eingetragene Pflegeperson

Der entscheidende Punkt, an dem viele Anträge scheitern, ist die Voraussetzung einer bei der Pflegekasse eingetragenen Pflegeperson. Wie das Fachportal pflege.de klarstellt, "kann ohne eine bei der Pflegekasse eingetragene Pflegeperson keine Verhinderungspflege stattfinden" [3].

Das Problem bei der 24-Stunden-Betreuung liegt darin, dass die Betreuungskräfte in den meisten Fällen nicht als offizielle Pflegepersonen bei der Pflegekasse gemeldet sind. Sie sind entweder über eine Agentur entsendet oder als selbstständige Dienstleisterinnen tätig. Rechtlich gesehen fehlt damit die "verhinderte Pflegeperson", deren Ausfall die Verhinderungspflege ja gerade überbrücken soll.

Die Argumentation der Pflegekassen

Die Pflegekassen argumentieren oft, dass durch die Anwesenheit einer 24-Stunden-Betreuungskraft keine Notwendigkeit für eine Ersatzpflege bestehe. Diese Argumentation ist jedoch rechtlich umstritten und wird von vielen Experten kritisiert. Ein Kommentar auf pflegezentrale.org bezeichnet das Vorgehen der Kassen als "willkürlich" und "unmenschlich", da sie wüssten, dass viele Pflegebedürftige auf einen Widerspruch verzichten [4].

Zitat aus den GKV-Spitzenverbands-Richtlinien: "Anspruchsvoraussetzung ist nicht, dass die Leistung im Voraus beantragt wird." [4]

Dies unterstreicht, dass der Anspruch auf Verhinderungspflege grundsätzlich aus dem Gesetzestext (§ 39 SGB XI) resultiert und nicht von einer vorherigen Genehmigung durch die Pflegekasse abhängig gemacht werden darf.

Lösungsansätze: So sichern Sie sich die Verhinderungspflege

Trotz der genannten Schwierigkeiten gibt es Wege, die Verhinderungspflege auch bei einer vorhandenen 24-Stunden-Betreuung zu erhalten. Der Schlüssel liegt darin, die formalen Voraussetzungen zu erfüllen und sich nicht von einer ersten Ablehnung entmutigen zu lassen.

1. Eine private Pflegeperson eintragen lassen

Der wichtigste Schritt ist, eine private Pflegeperson bei der Pflegekasse eintragen zu lassen. Das kann ein Familienangehöriger, ein Freund oder ein Nachbar sein. Diese Person muss nicht die Hauptpflege leisten, aber sie muss offiziell als Pflegeperson gemeldet sein. Ist diese Person dann "verhindert", kann die Verhinderungspflege für die Kosten der 24-Stunden-Betreuungskraft eingesetzt werden.

Tipp: Es ist möglich, eine Pflegeperson auch nachträglich bei der Pflegekasse zu benennen. Zudem können auch mehrere Pflegepersonen eingetragen werden, die sich gegenseitig vertreten können [3].

2. Widerspruch einlegen

Sollte die Pflegekasse den Antrag auf Verhinderungspflege ablehnen, legen Sie unbedingt Widerspruch ein. Die Frist hierfür beträgt in der Regel einen Monat nach Erhalt des Ablehnungsbescheids. Begründen Sie Ihren Widerspruch schriftlich und verweisen Sie auf die gesetzlichen Grundlagen in § 39 SGB XI sowie auf die Tatsache, dass eine eingetragene Pflegeperson verhindert ist.

Wichtig: Lassen Sie sich nicht von der Pflegekasse abwimmeln. In vielen Fällen führt ein gut begründeter Widerspruch zum Erfolg.

3. Beratung in Anspruch nehmen

Suchen Sie sich Unterstützung bei einem Pflegestützpunkt, einem unabhängigen Pflegeberater oder einem spezialisierten Anwalt. Diese können Ihnen bei der Formulierung des Widerspruchs helfen und Sie über Ihre Rechte aufklären.

Fazit

Die Beantragung der Verhinderungspflege bei einer bestehenden 24-Stunden-Betreuung ist oft mit Hürden verbunden. Das Kernproblem ist die fehlende eingetragene Pflegeperson, die von den Pflegekassen als Ablehnungsgrund angeführt wird. Mit der richtigen Strategie – insbesondere der Eintragung einer privaten Pflegeperson – und der notwendigen Hartnäckigkeit lässt sich diese Leistung jedoch erfolgreich durchsetzen.

Die Gesetzesreformen ab Juli 2025 werden die Situation durch den Wegfall der Vorpflegezeit und die Schaffung eines gemeinsamen Jahresbetrags weiter verbessern. Dennoch bleibt es entscheidend, die formalen Voraussetzungen zu kennen und zu erfüllen, um die finanzielle Entlastung durch die Verhinderungspflege in vollem Umfang nutzen zu können.


Quellen:

[1] Bundesgesundheitsministerium: Urlaubsvertretung (Verhinderungspflege). https://www.bundesgesundheitsministerium.de/verhinderungspflege.html

[2] Pflege.de: Verhinderungspflege » Tabelle 2025 • Alle Änderungen. https://www.pflege.de/altenpflege/verhinderungspflege/

[4] Pflegezentrale.org: Ablehnung der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI. https://pflegezentrale.org/ablehnung-der-verhinderungspflege/

 
 
 

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